Paul Luraschi

Bei der Stadtmusik St. Gallen
Meine Vorfahren waren väterlicherseits italienischer Herkunft. Der Vater spielte Klarinette und nahm an Tanzveranstaltungen teil. Meine Mutter stammte aus Wil (SG), sie machte ebenfalls Musik, sie spielte Klavier und Zither. Ich kam am 19. August 1921 in St. Gallen zur Welt. Mit dreizehn Jahren lernte ich Trompete spielen, ein Musiker der Stadtmusik erteilte mir Unterricht. Ich wuchs zusammen mit vier älteren Geschwistern auf. Dazu gehörte mein Bruder Ruedi, der ebenfalls das Trompetenspiel erlernte. Noch in jungen Jahren schloss ich mich der Kadettenmusik an, anschliessend der Arbeitermusik. Mit sechzehn Jahren beherrschte ich das Instrument bereits so gut, dass mich Musikdirektor Hans Heusser in die von ihm geleitete Stadtmusik St. Gallen aufnahm. In kurzer Zeit rückte ich hier zum 1. Trompeter auf und nahm mit der Stadtmusik im "Schützengarten" an Abendunterhaltungen teil. Mit der gleichen Formation spielte ich in Radiosendungen. Einmal bildete ich zusammen mit einem Kollegen ein Trompetenduett. Das Publikum ergötzte sich an dem ungleich grossen Gespann: Er war hoch aufgeschossen, ich von kleiner Gestalt. Fortan nannte man uns "den grössten und kleinsten Stadtmusiker"! Damals kannte ich bei Auftritten im Bühnenrampenlicht keinerlei Lampenfieber. Mit zunehmendem Alter machte ich mir hingegen oftmals Sorgen, ob auch alles gut klappen würde. Die Stadtmusik wollte mich auf ihre Kosten ans Konservatorium Zürich schicken. Doch ein Freund meines Vaters riet ihm, dieses Angebot abzulehnen. Damit hätte ich mich allzusehr in Schuld und Abhängigkeit der Stadtmusik begeben. Ich blieb daraufhin sowieso nicht mehr lange in dieser Formation, denn meine berufliche Karriere nahm kurz nachher unerwartet eine ganz andere Wendung. Hier möchte ich noch anfügen, dass ich von 1939 - 44 in der Buchdruckerei Tschudi in St. Gallen eine Berufslehre absolvierte.

Wechsel zu den Swing Pulis

Ich kam 1939 gerade von einer Konzertreise der Stadtmusik nach St. Gallen zurück, als sich Hans Möckel bei mir meldete. Er erzählte mir von einem kürzlich gegründeten Jazzorchester, für welches er Trompeter suchte. Es handle sich um einige jazzbegeisterte Kantonsschüler (zugleich Pfadfinder), die sich auf Initiative von Kurt Müller zum gemeinsamen Musizieren zusammengefunden hätten. In Anlehnung an Müllers Pfadi-Spitznamen "Puli" hätten sie sich den Namen Swing Pulis gegeben. Ausser ihm, Hans Möckel (Sax und Klarinette), bestehe der Kern aus Ruedi Vollmeier (Sax), Francis Burger (Piano) und Kurt "Puli" Müller (Drums). Möckel lud meinen Bruder und mich ein, ihren Proben beizuwohnen. Neugierig gemacht, besuchten wir das Probelokal, und was wir zu hören bekamen, hat uns begeistert. Nach zwei gemeinsamen Proben wurden wir ins Orchester aufgenommen. Schon kurz darauf traten wir anlässlich eines Pfadfinder-Balls im "Schützengarten" vor Publikum auf. Ich habe damals noch wenig von der für mich neuartigen Musik aus den USA gewusst, doch lernte ich schnell dazu. Namen wie Louis Armstrong, Coleman Hawkins, Count Basie, Harry James etc. wurden mir bald vertraut. Die Umstellung vom Stadt- zum Jazzmusiker fiel mir allerdings nicht ganz leicht. Der Musikdirektor Hans Heusser beklagte sich einmal bei Hans Möckel, dass ich nicht mehr den gleich schönen Ton habe, seit ich mit den Swing Pulis Tanzmusik mache. Ganz anderer Ansicht war Hans Möckel, der mich ermahnte, endlich den "Stadtmusik-Ton" abzulegen.

Swing Pulis, ca. 1940-41 in der "Tonhalle", St. Gallen. Leitung: Hans Moeckel (Mitte), Francis Burger (4. von links), Paul Luraschi (5. von rechts).


Geburt einer Big Band

Die musikalische Leitung der Swing Pulis lag in den Händen von Hans Möckel. Er engagierte in der Folge weitere Musiker, welche er vorwiegend aus Kreisen der Kantonsschüler rekrutierte. So entstand - in Anlehnung an europäische und amerikanische Vorbilder wie Teddy Stauffer, Count Basie, Bennie Goodman etc. - ein Grossorchester. Es war für Möckel nicht leicht, sich das geeignete Notenmaterial zu beschaffen. Erhielt er welches, musste er die Noten für jedes einzelne Instrument selbst einsetzen. Er und Burger besassen auch Platten ihrer Vorbilder. Dank diesen konnte er unser musikalisches Repertoire auf den neusten Stand bringen. Möckel war in der Lage, beim Abhören dieser Platten, die Musik in Noten aufzuschreiben. Ich erinnere mich an einen "Reisser", den wir damals öfters gespielt haben, nämlich Glenn Millers berühmtes "In the mood". Zu Beginn schrieb Möckel auch für die Solisten des Orchesters ihre Läufe auf. Später war dies nicht mehr notwendig, da wir die Fähigkeit erlangten, Soli im Stegreif zu spielen. Hans Möckel interessierte sich mehr für Musik als für den Lernstoff der Kantonsschule. Als seine schulischen Leistungen demzufolge nachliessen und es ruchbar wurde, womit er sich in seiner Freizeit beschäftigte, erteilte ihm der Rektor Auftrittverbot. Doch Möckel war nicht gewillt, sich an dieses Verbot zu halten. Bei weiteren Auftritten mit den Swing Pulis trug er zu Tarnzwecken einen aufgeklebten Schnurrbart. Puli Müller bekleidete das Amt eines Managers und sorgte für das Geschäftliche. Uns kam zustatten, dass sein Vater Inhaber eines Kohlengeschäftes mit sehr guten Geschäftsverbindungen war. Durch ihn kamen wir zu Engagements in erstklassige Lokalen in Bündnerischen Kurorten. dass ich von 1939 - 44 in der Buchdruckerei Tschudi in St. Gallen eine Berufslehre absolvierte.

Aktivitäten der Swing Pulis

Unser Orchester zählte bald einmal zu den meist gefragten und beliebtesten Formationen der Stadt. In St. Gallen gab es zwei Lokale, welche über grosse Säle verfügten: der "Schützengarten" und die Tonhalle. Hier fanden die bedeutendsten Bälle statt, wozu wir öfters zugezogen wurden. Wir hatten nur eine ernstzunehmende Konkurrenz auf dem Platz: das Orchester von Teddy Bridgeman, der in Wirklichkeit Bruggmann hiess. Es kam vor, dass wir im "Schützengarten" beim gleichen Anlass abwechslungsweise aufspielten, die Swing Pulis im Grossen Saal, Bridgeman und seine Leute im angrenzenden Kleinen Saal. Hier möchte ich noch anfügen, dass ich mit letzteren nie zusammen gespielt habe. Mit den Swing Pulis trat ich auch in entfernteren Orten auf, unter anderem im "Dolder" in Zürich, im "Palais d'Hiver" Genf, in Derendingen, Schaffhausen, Bellinzona, Arosa, Davos, Genf, Bern, und St. Moritz. Meine Frau hat glücklicherweise alle noch verfügbaren Fotos der Swing Pulis und anderen Gruppen, mit welchen ich gespielt habe, zusammengetragen und bewahrt sie in einem Album auf. Wir beschäftigten zeitweilen auch Sängerinnen. Ich erinnere besonders mich an eine namens Hanni Schär. Sie war bei einem Wettbewerb unter zahlreichen "Puppen" siegreich hervorgegangen. Ihre tiefe Stimme fanden wir speziell für Jazz-Darbietungen geeignet. Sie sollte später, unter ihrem Pseudonym Lys Assia, internationalen Ruhm erlangen! In der Geschichte der Swing Pulis sind mehrere Höhepunkte zu verzeichnen. Dazu gehören die Bälle der Tanzschule Benteli in der Tonhalle und die Filmmatineen im Kino 'Scala. All diese Auftritte in St. Gallen! Einmal musizierten wir im "Scala" zum Film "'s Margritli und d'Soldate". Bei anderer Gelegenheit waren wir für einen Silvesterball in Bellinzona engagiert; ganz gross heraus kamen wir in Arosa, als wir General Guisan ein Ständchen bringen durften. Ich erinnere mich auch an eine Begebenheit, bevor wir nach Arosa fuhren, um dort ein Engagement in einem feinen Lokal anzutreten. Kurz vor der Abreise hielt "Puli" Müller eine höchst feierliche Ansprache: "Liebe Swing Pulis, am Samstag geht es ab nach Arosa. Ich kann euch nur eines verraten, Arosa erwartet uns". Die Swing Pulis existierten bis etwa zum Jahr 1944. Das Grossorchester löste sich auf, als Möckel und andere Mitglieder der Gruppe aus beruflichen Gründen St. Gallen verliessen. Ein ehemaliges Mitglied, der Saxophonist Dölf Stähli, formierte daraufhin eine neue Band, der ich jedoch nicht mehr angehörte. Sie zählte etwa sieben Mitglieder.

Tondokumente der Swing Pulis

Am 6. Oktober 1988 lud "Puli" Müller mich und andere ehemalige Mitglieder der Swing Pulis und Gönner zu einem Veteranentreffen in sein Heim in St. Gallen ein. Als Geschenk überreichte er uns je eine Tonkassette mit Jazzaufnahmen. Darauf enthalten waren auch die vier Einspielungen, welche wir im Sommer 1941 im Zürcher Kongresshaus gemacht haben, nämlich "Floogie Walk", "Organ Grinder's Swing" (wir nannten damals das Stück "De Oergeli-Maa"), "The Man With The Mandolin" und "Toodle-Oo". Die historischen Aufnahmen riefen in uns alte Erinnerungen wach; in "Floogie Walk" und "Toodle-Oo" bin ich als Solist zu hören und im letztgenannten Stück verwendete ich einen Dämpfer. Die Gesangseinlagen wurden von einem Vokalquartett bestehend aus Hans Möckel, "Puli" Müller, Theo Stehle (*vgl. Fussnote) und einem weiteren Musiker, an dessen Name ich mich nicht mehr entsinne, vorgetragen. Vor der Aufnahmeveranstaltung für Elite Records sind wir – glaube ich wenigstens - im Radiostudio Zürich noch in einer Tanzmusik-Sendung aufgetreten. Gleichzeitig mit uns machte auch das Gesangsensemble Geschwister Schmid im Kongresshaus Plattenaufnahmen. Ich erinnere mich nicht mehr genau, ob die Swing Pulis die Geschwister Schmid bei einer (oder mehreren) Einspielungen begleitet haben. Ich erinnere mich auch nicht, ob die Swing Pulis irgendwann einmal Privataufnahmen gemacht haben.

Swing Pulis, (Bildausschnitt, v.l.n.r.) Hans Moeckel, Unbekannt, Walter Burger, Rudolf Luraschi, Paul Luraschi, Eddie Lüber.

Was ist aus meinen damaligen Musikerkollegen geworden?

Von vielen meiner seinerzeitigen Kollegen habe ich nichts mehr gehört. Von einigen weiss ich, dass sie in der Zwischenzeit gestorben sind. So auch Hans Möckel. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs hat er die Kantonsschule vorzeitig verlassen. Anschliessend liess er sich im Konservatorium Zürich im Klavierspiel und im Komponieren ausbilden. Ihm stand eine echte Musikerkarriere bevor. Noch nicht einmal 25 Jahre alt, wurde Hans Möckel als Dirigent des Orchesters ans Stadttheater St. Gallen engagiert. Später komponierte er verschiedene Musicals, arrangierte und schrieb Cabaret-Musik. Auch das Radio verdankt ihm viel, er hat bei der Gestaltung von Unterhaltungssendungen einen bedeutenden Beitrag geleistet. "Puli" Müller besitzt heute zwei Wohnsitze. Einen Teil des Jahres verbringt er jeweils in Bangkok, wo er eine Firma leitet. Dort betreibt er zudem ein privates Tonstudio. Alljährlich hält er sich auch einige Monate in seinem St. Galler Haus auf. Ruedi Vollmeier war als Verkaufschef bei der Firma Amag tätig. Theo Stähli absolvierte ebenfalls ein Musikstudium. Während Jahren leitete er das Städtische Orchester Winterthur. Mein Bruder Ruedi Luraschi lebt heute in Basel. Er arbeitete dort bei der Firma Schlotterbeck als Autoverkäufer.

Als Trompeter gefragt


Ich hatte in jenen Jahren - ausser meiner Tätigkeit mit den Swing Pulis - Gelegenheit, auch mit andern Formationen zu spielen. Während des Krieges gab es beim Stadttheaterorchester, bedingt durch den Aktivdienst, öfters Absenzen, so auch bei den beiden Trompetern. Die Direktion war jeweils froh, wenn ich in solchen Fällen kurzfristig als Ersatz aufgeboten werden konnte. Mein damaliger Chef, Herr Tschudi war zugleich Verwaltungsratmitglied des Stadttheaters. Wenn Not am Mann war, stellte er mich gelegentlich auch tagsüber zu Orchesterproben frei. Ich verdiente damals bis zu 200 Franken in der Woche. Neben meinem bescheidenen Lehrlingslohn war dies ein ganz hübsches Sümmchen! Wiederholte Male wurde ich auch von Tanzorchestern engagiert, welche in St. Gallen auftraten und denen ein Trompeter fehlte, so etwa. von James Kok und Marco Bacchet. Mit Kok spielte ich zwei Monate lang im "Trischli". Ich erinnere mich an einen Bassisten namens Ladislav, auch an eine blonde Wiener Pianistin, welche bei ihren Auftritten jeweils in einem Körbchen ein Hündchen mitbrachte und an den Buben "Klein Werner". Kok hielt an seinen Kleidervorschriften fest, was hiess, in schwarzen Hosen und weissem Kittel anzutreten. Als er feststellte, dass ich "nur" dunkelblaue Hosen trug, brummte er mir eine Busse von einem Franken auf! Die Namen der Musiker, welche neben mir bei Marco Bacchet spielten, habe ich vergessen. Bacchets Band besass aber einen soliden Kitt. Er legte grossen Wert auf seriöse Musiker, undisziplinierte Leute konnte er nicht leiden. Es meldeten sich damals auch immer wieder abgerissene Existenzen. Als ich bei James Kok spielte, fanden sich eines Tages mehrere Musiker neu auf der Bühne ein. Keiner kannte den andern. Einer von diesen pumpte mich gleich an und bat mich, ihm zehn Franken zu geben, da er völlig abgebrannt sei! Einmal beteiligte ich mich an einem "Je-Ka-Mi-Abend", der in der "Union-Bar" durch geführt wurde. Ich wurde von einem im Lokal anwesenden französischen Orchester begleitet. Mit der Jazznummer "Dinah" wurde ich dann zum Sieger erkoren! Folgende Jazzmusiker dienten mir in jenen Jahren als Vorbilder: Louis Armstrong, Harry Edison und Buck Clayton, Harry James und der Schweizer Alberto Quarella.

Elite Band, ca. 1946, mit (v.l.n.r.): Alfred Werner, Enio Bernardi, Paul Luraschi, Eugen Brassel, Max Fehr, Ernst Angehrn.

Orchester "Elite"

Nachdem ich 1944 meine Berufslehre abgeschlossen hatte, trat ich in der Buchdruckerei Löpfe-Benz in Rorschach eine Stelle als Maschinenmeister an. Der dortige Buchdruckermeister hiess Toni Schöp. Er verhalf mir zu dieser Anstellung mit dem Hintergedanken, mich gleichzeitig auch für das im Aufbau befindliche Orchester "Elite" zu gewinnen. Zwar war diese Formation niveaumässig keineswegs mit Möckels Swing Pulis zu vergleichen. Sie pflegte andere Stilrichtungen. Ich passte mich aber bald an die neuen Gegebenheiten an. Das Klima innerhalb der Gruppe war ausgezeichnet, und meine neuen Kameraden nahmen mich herzlich auf. Zu meinen neuen Musikerkollegen gehörten Max Fehr (Sax, Klarinette und Violine), ein Grieche namens Athanas – glaube ich – (Akkordeon), Franz Signer (Piano) und Georg Schonath (Schlagzeug und Bass). Schonath, der auch als Manager der Gruppe amtete, ist auch durch seine Tätigkeit mit Art Peyer bekannt geworden. Ich selbst übernahm die musikalische Leitung. In Rorschach traten wir öfters in der "Krone" bei Bällen auf. Wir hatten nicht nur in der näheren Region erfolgreiche Engagements, sondern waren auch auf Konzertreisen, sie führten uns in entferntere Orte wie Bern, Zürich, Schaffhausen, Bellinzona, Arosa etc. Einmal machten wir ein Riesengeschäft. In Arbon wurde das Seenachtsfest durchgeführt. Wir empfahlen uns dem Wirt des Hotels Bären, um in seinem Lokal Tanzmusik zu spielen. Doch dieser war daran nicht interessiert, da er befürchtete, dass die Festbesucher es vorzogen, im Freien am See zu bleiben. Er akzeptierte jedoch unseren Vorschlag im "Bären" auf eigene Rechnung aufzuspielen. Zuerst blieb der Saal längere Zeit leer. Doch nach dem Feuerwerk ging ein heftiges Unwetter über Arbon nieder und das Volk strömte in Massen ins Lokal. Wir nutzten die Gunst der Stunde und erhöhten den Eintrittspreis von fünf auf zehn Franken und kassierten dermassen viel Geld, dass das ganze Orchester anschliessend für vier Tage nach Innsbruck in die Ferien reisen konnte! Das Orchester "Elite" nahm privat einige Platten auf, und um 1946/47 wurde von uns auch ein Schmalfilm gedreht. Ein Kollege von mir verarbeitete später dieses Material zu einer Videoproduktion. Wir blieben bis etwa 1950 beisammen, daraufhin hat sich die Gruppe aufgelöst.

Orchester Ernst Bösch, ca. 1950, mit (v.l.n.r.) Enio Bernardi, Franz Hämmerle, Paul Luraschi, Ernst Bösch

Orchester Ernst Bösch

In der Folge bin ich einem Orchester beigetreten, welches Ernst Bösch zusammengestellt hat. Meine Mitspieler waren: Franz Hämmerle (Sax, Klarinette, Bass, Akkordeon), Otto Erne (Piano), Fechtig (Gitarre) und der erwähnte Ernst Bösch (Schlagzeug). Hämmerle und Erne waren hervorragende Musiker. Beide stammten aus dem Vorarlbergischen. Ich weiss nicht, was später aus dem Multiinstrumentalisten Hämmerle geworden ist. Ich habe ihn aus den Augen verloren. Mit Otto Erne spielte ich ab und zu im Duo, er am Piano und ich am Schlagzeug. Wir hatten erfolgreiche Auftritte an Modeschauen. Diese Tätigkeit fand dann mit dem vorzeitigen Tode Ernes ein plötzliches Ende. Das Orchester Ernst Bösch wurde um 1952 aufgelöst.

Duo Lotty und Paul Luraschi

Ich lernte Lotty Müller kennen, welche gleich mir aus St. Gallen stammt. Wir heirateten im Dezember 1953 in St. Gallen. Während sieben Jahren hatten wir unseren Wohnsitz in dieser Stadt. Nach meiner Heirat gab ich das Musizieren für längere Zeit auf, im Januar 1961 übersiedelten wir dann nach Rorschach, wo wir heute noch wohnen.
Ab zirka 1962 trat ich als Musiker erneut in Erscheinung. Auch meine Frau hat musikalische Qualitäten. Sie verfügt über eine ausgezeichnete Stimme und liebt es - seit ihrer frühesten Jugend - zu singen. Seit über drei Jahrzehnten gehört sie dem Damenchor Helvetia in Rorschach an, den sie gleichzeitig auch präsidiert. Wir begannen nun öfters gemeinsam aufzutreten, wobei Lotty sang und ich sie auf der Trompete oder Flöte begleitete. Zeitweilen bildeten wir auch ein Quartett, zusammen mit zwei Profi-Musikern, dem Ehepaar Georg (Klavier, Gitarre und Akkordeon) und Jeanette Pietruszka (Schlagzeug und Gesang). Georg Pietruszka, ein gebürtiger Pole, war Musiklehrer in Feldkirch. Zu unserem Repertoire gehörten unter anderm. auch "rockige" Nummern. Meine Frau Lotty hatte 1970 Gelegenheit, bei einer Plattenaufnahme des von Martin Beeler (Sax und Klarinette) aus Trachslau (SZ) geleiteten Instrumentaltrios mitzuwirken. Die vier aufgenommenen Stücke wurde bei der Eröffnung der "Seebli-Luftseilbahn" im schwyzerischen Hochybrig-Gebiet zu Werbezwecken verkauft. In neuerer Zeit habe ich mir eine Tischorgel angeschafft. Zusammen mit Lotty trete ich immer noch bei Anlässen verschiedenster Art auf. Anschliessend möchte ich noch die Namen einiger bedeutender Instrumentalisten nennen, welche ich im Laufe meiner Musikerlaufbahn schätzen gelernt habe: die Saxophonisten Paul Eigenmann, Teddy Bridgeman, Dölf Stähli und Erwin Marti; den Trompeter Gino Paoletto; den Pianisten Max Osterwalder (ein Boogie-Woogie-Spezialist); den Schlagzeuger und Sänger Horst Busch.


*Roman Flury, 1944/45 kurz als Gitarrist bei den Swing Pulis tätig hat uns im Juni 2006 folgende Anmerkung geschickt:
"Stehle galt in St.Gallen als grosse violinistische Begabung, und spielte bereits als Konservatoriumsstudent im städtischen Sinfonieorchester. Seine Eltern betrieben an der Jakobstrasse in St.Gallen eine Apotheke. Ich habe ihn gut gekannt, aber schon früh aus den Augen verloren."


c: Frank Erzinger, April 1998 (Transkription und Bearbeitung: Frank Erzinger, Schlussredaktion: Armin Büttner und Ewald Kaeser)
Quellen:
AV-Aufnahmen: F. Erzinger & O. Flückiger, Rorschach, 4. Febr. 1998, Mitteiliung von Roman Flury, Juni 2006.

- Dossier St. Gallen (O. Flückiger).
-Befragung durch F. Erzinger, Rorschach, 18. März 1998, und O. Flückiger, Rorschach, 5. April 1998
Schreiben von P. Luraschi an F. Erzinger, 14. 2. 1998
Nachruf auf Hans Möckel, St. Galler-Tagblatt, 8. 10. 1983
Tonkassette von "Puli" Müller (Aufnahmen der "Swing Pulis")
Audiokassette mit Privataufnahmen der "Elite-Band", 1946-47 (J. Blattino)
Videokopien von 8mm s/w-Filmen der "Elite-Band", 1946-48 (J. Blattino).

Discographischer Anhang:
Paul Luraschi ist auf folgenden Tondokumenten zu hören:

"Swing Pulis"
Nach Paul Luraschi dürfte die Orchesterbesetzung bei den ELITE-Aufnahmen weitgehend identisch sein mit derjenigen, die eine Abbildung aus 1941 oder 1942 (Auftritt der "Swing Pulis" in der Tonhalle, St. Gallen) gezeigt wird. Es handelt sich um die folgenden Musiker: Hans Möckel (dir.) Paul Luraschi, Ruedi Luraschi, Unbekannter (tp), Edi Leuber, .... Lenz, Unbekannter (tb) Adolf Stäheli, Sepp Zünd, .... Claus (as), Theo Stehle Ruedi Vollmeier, Walter Burger (ts), Francis Burger, Max Osterwald (p), Fritz Schmidlin (sb), Kurt "Puli" Müller (d) (zuzüglich zwei weitere unbekannte Musiker).

Aufgenommen im Kongresshaus, Zürich, 1. Juni 1941

1910 FLOOGIE WALK
Elite Special ES 1890
1913 ORGAN GRINDER SWING
Elite Special ES 1891
1916 THE MAN WITH THE MANDOLIN
Elite Special ES 1891
1919 TOODLE-OO
Elite Special ES 1890

Paul Luraschi ist als Solist in FLOOGIE WALK und TOODLE-OO zu hören.


PRIVATAUFNAHMEN - Orchester "Elite"
Mutmassliche Ochesterbesetzung: Paul Luraschi (tp, arr., dir.,arr), Eugen Brassel (ts), Max Fehr (? as), Franz Signer (p, accordeon), ... Scaperat (b), Enio Bernardi (d), Unbekannter (g).

Aufgenommen im Hotel Krone, Rorschach, ca. 1946

TAMPICO (3:40) solos: p,ts
Privataufnahme
YOU BELONG TO MY HEART (3:18) solo: p
Privataufnahme
CRAZY RHYTHM (3:00) solos: p, tp,ts
Privataufnahme
GOOD GOOD (?) (2:56) solo: p
Privataufnahme
BLUE LOU (3:00) solos:p, b
Privataufnahme
JIVE AT FIVE (3:15)solos: p,tp
Privataufnahme
BLUE LOU (3:19) solos: p,b
Privataufnahme
JIVE AT FIVE (3:19) solos: p,tp
Privataufnahme


Diese Tonaufnahmen wurden von Jacky Blattino mit einer selbstgebauten Aufnahmeapparatur auf Wachsfolien geschnitten. Aus der gleichen Zeit existieren auch 8mm-Filmaufnahmen. Sie wurden von J. Blattino nachträglich auf Video übertragen und mit obigen Einspielungen nachvertont.


Auch von Lotti Luraschi ist ein Tondokument überliefert :

COLORAPHON - Einsiedler Ländler und Stimmungskapelle Martin Beeler: Martin Beeler (cl), Unbekannter (Handorgel), Unbekannter (sbs), Lotti Luraschi (vo).

Tonstudio Jacky Blattino, Altstätten, Ende 1969

MIT DER SEEBLI-BAHN GAT'S LUSTIG, Polkalied (M. Beeler)
CH 5096 EP

Diese Darbietung wurde zusammen mit drei weiteren Kompositionen Beelers vor der Eröffnung der "Seebli Luftseilbahn" im schwyzerischen Hochybrig-Gebiet im Februar 1970 auf eine Platte übertragen.

F. Erzinger


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